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HF 3: Diabeteskomplikationen reduzieren

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Seiten zu COVID-19 und Diabetes nicht mehr aktualisiert werden und gegebenenfalls einen veralteten Stand darstellen. In diesem Bereich werden Ergebnisse des RKI sowie von Kooperationspartnerinnen und -partnern zu Diabetes und COVID-19 präsentiert.

Komplikationen des Diabetes in der COVID-19-Pandemie

Wie im Artikel zu Handlungsfeld 2 beschrieben, führten die eingeführten nicht-pharmazeutischen Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus zu Herausforderungen in der Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes. Inwiefern sich die Pandemie auf die Entwicklung von Komplikationen und Folgeerkrankungen des Diabetes ausgewirkt hat, wurde bisher in nur wenigen Studien untersucht. So wird beispielsweise vermutet, dass es während der COVID-19-Pandemie zu einem Anstieg psychischer Störungen einschließlich der Depression kommen könnte (Zielasek, Gouzoulis-Mayfrank 2020). Während sich für Akutkomplikationen wie den Herzinfarkt bisher noch kein klares Bild abzeichnet (Baumhardt et al., 2021), konnte für die Ketoazidosen bei der Manifestation von Typ-1-Diabetes eine Zunahme festgestellt werden (Kamrath et al. 2020). Bei der stationären Behandlung kam es zu einem Rückgang der Inanspruchnahme (Narres et al. 2022). Inwiefern sich die Pandemie langfristig auf die Entstehung von Begleit- und Folgeerkrankungen auswirkt, muss in weiteren Studien nachgegangen werden.

Kernaussagen:

  • Es zeigen sich keine auffälligen Veränderungen im Anteil der depressiven Symptomatik bei Personen mit Diabetes über den Zeitraum April 2019 bis September 2020, in welchem die

    COVID-19-Pandemie ausbrach und umfangreiche Eindämmungsmaßnahmen eingeführt wurden.

  • In den ersten zwei Monaten der COVID-19-Pandemie wurde eine signifikante Zunahme der diabetischen Ketoazidose und schweren Ketoazidose bei erstmaliger Diagnose von Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland beobachtet. Besonders gefährdet waren Kinder unter 6 Jahren.
  • Insbesondere für die erste Hälfte des Jahres 2020 konnte eine Assoziation zwischen der regionalen Schwere der Pandemie und der Häufigkeit der diabetischen Ketoazidose beobachtet werden.
  • Es wurde keine signifikant erhöhte Inzidenz von Autoantikörpernegativem Typ-1-Diabetes bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der ersten drei Monate der COVID-19-Pandemie festgestellt. Außerdem zeigte sich bei Autoantikörpernegativen Typ-1-Diabetes weder vor noch während der Pandemie ein besonderes Ketoazidose-Risiko.
  • Die Hospitalisierungsrate bei Personen mit Diabetes war insgesamt im Pandemiejahr 2020 niedriger als anhand der Zahlen von 2017-2019 erwartet würde. Bei genauerer Betrachtung der Hospitalisierungsgründe trifft dies auch für den diabetischen Fuß und koronare Herzkrankheiten zu. Höher als erwartet waren die Hospitalisierungsraten für Major-Amputationen.

Depressive Symptomatik bei Personen mit und ohne Diabetes in der COVID-19-Pandemie

Im verlinkten Faktenblatt wird die depressive Symptomatik von Personen mit und ohne Diabetes im Verlauf der COVID-19-Pandemie verglichen.

Ketoazidose bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes in der COVID-19-Pandemie in Deutschland

Die diabetische Ketoazidose ist eine akute und lebensgefährliche Komplikation einer verspäteten Diagnose von Typ-1-Diabetes. Da die berichtete, geringere Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung während der COVID-19-Pandemie mit einer verzögerten medizinischen Versorgung solcher Komplikationen einhergehen kann, untersuchten Kamrath et al. (2020) die Häufigkeit diabetischer Ketoazidose bei Kindern und Jugendlichen bei erstmaliger Diagnose von Typ-1-Diabetes während der ersten beiden Monate der COVID-19-Pandemie in Deutschland. Die Autorinnen und Autoren stellen auf Grundlage von Registerdaten der DPV im betreffenden Zeitraum eine signifikante Zunahme der diabetischen Ketoazidose und schweren Ketoazidose bei der Diagnose von Diabetes bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland fest und diskutieren hierfür multifaktorielle Ursachen (siehe auch Rosenbauer et al. 2021). In einer weiterführenden Analyse auf gleicher Datengrundlage von Mönkemöller et al. (2021), zeigte sich bei Diabetesmanifestation in den ersten beiden Monaten der COVID-19-Pandemie ein im Vergleich zu den Jahren 2018/2019 um 84,7 % erhöhtes Risiko für eine diabetische Ketoazidose und um 45,3 % erhöhtes Risiko für eine schwere Ketoazidose. Besonders gefährdet war die Altersgruppe der Kinder unter 6 Jahre mit einer Steigerung der diabetischen Ketoazidose um 141,6 % und der schweren diabetischen Ketoazidose um 97,0 %.

Lokale Schwere der Pandemie und Ketoazidose-Risiko bei Typ-1-Diabetesmanifestation bei Kindern und Jugendlichen

Eine Studie von Kamrath et al. (2021) ergab auf Registerdatenbasis für die erste Hälfte des Jahres 2020 eine Assoziation zwischen der Häufigkeit von Ketoazidosen bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes und der lokalen Schwere der Pandemie in Deutschland (gemessen als wöchentliche COVID-19-bezogene Neuerkrankungs- und Todesfälle). Dass ein erhöhtes Ketoazidose-Risiko mehrere Monate über die erste Welle der Pandemie und die Eindämmungsmaßnahmen hinaus zu verzeichnen war, deutet die Autorengruppe als Hinweis darauf, dass nicht der Lockdown oder eine Überlastung des Gesundheitssystems, sondern vielmehr eine anhaltende Besorgnis und Vermeidung eines Kontakts mit dem Gesundheitssystem Ursachen einer verspäteten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen waren. In der zweiten Hälfte des Jahres 2020 war die beschriebene Assoziation nicht mehr zu beobachten. Als Ursache wird eine Gewöhnung an die Pandemielage diskutiert.

Auftreten von Autoantikörpernegativem Typ-1-Diabetes und von Ketoazidosen während der Pandemie bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Eine COVID-19-Infektion wird als mögliche Ursache für einen Autoantikörpernegativen Typ-1-Diabetes diskutiert, bei dem die Betazellen des Pankreas nicht durch eine Autoimmunreaktion, sondern direkt viral geschädigt werden. Zusätzlich wird eine höhere Anfälligkeit für Ketoazidosen bei einem Autoantikörpernegativen Typ-1-Diabetes vermutet. Daher untersuchten Kamrath et al. (2021) auf Basis von Registerdaten sowohl die Häufigkeit des Auftretens von Autoantikörpernegativem Typ-1-Diabetes als auch von Ketoazidosen bei unter 26-Jährigen vor und während der ersten drei Pandemiemonate. Es konnte keine signifikant erhöhte Inzidenz von autoantikörpernegativem Typ-1-Diabetes während der Pandemie nachgewiesen werden. Außerdem wurde festgestellt, dass die diabetische Ketoazidose bei Autoantikörpernegativem und -positivem Typ-1-Diabetes zu gleichen Anteilen auftrat.

Ketoazidose bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes während der COVID-19-Pandemie im internationalen Vergleich

Eine Studie von Birkebaek et al. 2022 vergleicht die Prävalenz einer Ketoazidose bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes vor (2006-2019) und während der COVID-19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 mit Daten aus 13 nationalen Diabetesregistern. Analog zum Trend in Deutschland zeigt sich auch im internationalen Vergleich eine Zunahme der diabetischen Ketoazidose bei der Diagnose von Typ-1-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen während der Pandemie. Die Prävalenz einer diabetischen Ketoazidose lag von 2006-2019 bei 27,3 % mit einem durchschnittlichen Anstieg von 1,6 % pro Jahr. Die beobachtete Prävalenz lag im Jahr 2020 bei 39,4 % und im Jahr 2021 bei 38,9 % und war damit signifikant höher als erwartet (um 6,9 bzw. 5,9 Prozentpunkte). Die Prävalenz der diabetischen Ketoazidose war signifikant mit Eindämmungsmaßnahmen während der Pandemie, aber nicht mit der Gesamtübersterblichkeit als Maß der Pandemieschwere assoziiert. Dies wird als Hinweis dafür gedeutet, dass COVID-19 nicht der einzige Grund für den Anstieg der Ketoazidosen ist, sondern sich in der Pandemie vorbestehende Probleme bei der Früherkennung von Typ-1-Diabetes deutlich zeigten.

Hospitalisierungen aufgrund von Komplikationen bei Personen mit und ohne Diabetes in der COVID-19-Pandemie

Basierend auf den Abrechnungsdaten der AOK Rheinland und Hamburg untersuchten Narres et al. 2022 die Auswirkungen der Pandemie auf die Hospitalisierungs- und Mortalitätsrate von Personen mit und ohne Diabetes. Hierzu verglichen sie die beobachteten Raten im Pandemiejahr 2020 mit den erwarteten Raten basierend auf einer Schätzung der Raten aus den Jahren 2017-19 vor der Pandemie. Die beobachteten Raten im Jahr 2020 für Hospitalisierungen insgesamt sowie aufgrund einer koronaren Herzkrankheit (für Personen mit Diabetes als auch ohne Diabetes) und aufgrund eines diabetischen Fußsyndroms (bezieht sich nur auf Personen mit Diabetes) waren niedriger als erwartet. Bezüglich der Hospitalisierungen aufgrund von Schlaganfällen gab es keine Unterschiede zwischen den zu erwartenden und den beobachteten Raten. Bei Personen mit Diabetes waren die beobachteten Raten für Major-Amputationen höher als die erwarteten Raten. Diese erhöhten Raten konnten vor allem in der männlichen Bevölkerung nachgewiesen werden. Mögliche Erklärungsansätze hierfür sind eine schlechtere Versorgung während der Pandemie, Angst vor einer SARS-CoV-2-Infektion und ein mangelndes Selbstmanagement der Diabeteserkrankung aufgrund von Motivationsverlust durch soziale Distanzierung.

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